Ein Managementzyklus als Leitschnur, die Unterscheidung von Initial- und Folgetherapie sowie eine Strategie, um Eosinophile als Biomarker zu verwenden: Das sind die neuen Elemente in den GOLD-Empfehlungen zur COPD.
Die Konzentration der eosinophilen Granulozyten im Blut ist ein vielversprechender Biomarker für die Diagnose und Behandlung der COPD. Foto: Kateryna Kon/stock.adobe.com
Zwei zentrale Probleme bei der Diagnostik der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) sind die Früherkennung und die differenzialdiagnostische Abgrenzung. Der jüngste Report der Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease (GOLD) von 2019 hält für beide Aufstellungen bereit, worauf zu achten ist (1). So sollte an eine COPD gedacht werden, wenn der Patient unter persistierender und progredienter (Belastungs-)Dyspnoe oder chronischem Husten leidet, immer wieder Atemwegsinfekte bekommt und bestimmte anamnestische Faktoren vorliegen. Zu diesen gehört natürlich die Exposition gegen inhalative Noxen, aber auch familiäre Belastung oder niedriges Geburtsgewicht.
Letzteres stellt eine ungünstige Startbedingung für die Lungenentwicklung dar und kann dazu führen, dass Lungengröße und -funktion hinter dem Durchschnitt zurückbleiben, sodass ein etwa infolge Zigarettenrauchexposition beschleunigter Abfall schneller zur COPD führt. Diese Indikatoren reichen nicht aus, um die Diagnose zu sichern, sollten aber den Verdacht auf eine COPD lenken. Zur Diagnosesicherung ist grundsätzlich die Spirometrie erforderlich.
Auch an nichtkardiale Erkrankungen ist zu denken
Die wichtigste Differenzialdiagnose bleibt das Asthma bronchiale, das sich von der COPD vor allem durch die Variabilität der Symptomatik unterscheidet. Daneben kommen weitere Lungenerkrankungen infrage wie Bronchiektasen, Tuberkulose oder die Bronchiolitis obliterans, die vorwiegend bei jüngeren Menschen und Nichtrauchern auftritt. Auch an nichtkardiale Erkrankungen ist zu denken, allen voran die chronische Herzinsuffizienz.
Die Klassifikation der COPD ist nicht verändert worden. Der erste Schritt bleibt die Einstufung der Flusslimitierung anhand der Spirometrie in 4 Schweregrade von GOLD 1 (FEV1 ≥80% vom Sollvolumen) bis GOLD 4 (FEV1 <30% vom Sollvolumen). Dann folgt die weitere Einteilung anhand der bekannten Vierfeldertafel, also auf der Basis von Exazerbationsanamnese und Symptomen. Patienten mit 2 und mehr Exazerbationen im Vorjahr oder mindestens einer exazerbationsbedingten Krankenhauseinweisung zählen zu den Hochrisikogruppen C und D, die sich durch die Symptomlast unterscheiden.
Um die Symptomatik zu erfassen, schlägt GOLD 2 verschiedene Instrumente vor: die mMRC-(modified-Medical-Research-Council-) Skala, die mit einer einzigen Frage auskommt und nur das Symptom Dyspnoe misst, und den 8 Items umfassenden COPD-Assessment-Test (CAT), der ein detaillierteres Bild vom Befinden des Patienten liefert. Ab Stufe 2 im mMRC oder 10 Punkten im CAT gilt ein Patient als hoch symptomatisch. Die Symptomlast unterscheidet auch die Gruppen A und B, also Patienten mit geringem Exazerbationsrisiko.
Dezidierte Algorithmen für Initial- und Folgetherapie
Wichtig: Die Einstufung des Patienten in eine der 4 Gruppen bildet die Basis, anhand derer über die Initial-therapie entschieden wird. Sie verliert aber bei vorbehandelten Patienten ihre Bedeutung. Ein Beispiel: Wenn ein Patient anfangs zu Gruppe D (ausgeprägt symptomatisch, hohes Exazerbationsrisiko) gehörte, unter medikamentöser Therapie jedoch nicht mehr exazerbiert und kaum Symptome zeigt, darf man ihn nicht einfach Gruppe A zuschlagen und die Therapie entsprechend zurückfahren.
Aus diesem Grund unterscheidet das GOLD-Komitee im Update klar zwischen pharmakologischer Initial- und Folgetherapie und hat für beide dezidierte Algorithmen entwickelt. In der Initialtherapie ist auf den ersten Blick alles beim Alten geblieben (siehe Grafik 1).
Grafik 1
Behandlung der stabilen COPD (modifiziert nach [2])
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Bronchodilatatoren bilden die Basis der Therapie, wobei spätestens ab Gruppe B lang wirksamen Substanzen der Vorzug gegeben werden sollte. Gruppe C, die stärker zu Exazerbationen neigt, aber wenig Symptome zeigt, sollte mit einem LAMA (lang wirksames Anticholinergikum) starten, weil diese einen besseren Exazerbationsschutz bieten als LABA (lang wirksamer Beta-2-Agonist).
Für Gruppe D kommt als Initial-therapie auch eine bronchodilatatorische (Fix-)Kombination LABA/LAMA infrage, vor allem bei hoch symptomatischen Patienten mit mehr als 20 Punkten im CAT, oder die Kombination aus LABA und einem inhalativem Kortikosteroid (ICS). Hier kommen zum ersten Mal die Eosinophilen als Entscheidungshilfe ins Spiel: LABA/ICS sollte auch bei Patienten mit starker Symptomlast und hohem Exazerbationsrisiko nur dann als initiale Option erwogen werden, wenn die Zellzahl 300 Eosinophile/µl Blut überschreitet.
3 Therapiestufen: Review, Assess und Adjust
Nach dem Vorbild der Empfehlungen zum Asthmamanagement, die von der internationalen Global Initiative for Asthma (GINA) entwickelt wurden, schlägt GOLD einen Managementzyklus für die Therapiesteuerung vor, der aus den 3 Stufen Review, Assess und Adjust besteht. Er soll dabei helfen, dass Patienten nach der Initialtherapie nicht sich selbst überlassen bleiben, sondern dass der Therapieerfolg regelmäßig geprüft, widrige Begleitumstände (wie mangelnde Inhalationstechnik oder aggravierende Begleiterkrankungen) ausgeschaltet werden und die Behandlung gegebenenfalls angepasst wird. Das gilt keineswegs nur für die Pharmakotherapie, sondern auch für Maßnahmen wie Rauchentwöhnung, Trainingstherapie und Rehabilitation.
Wie die medikamentöse Therapie im Follow-up gestaltet wird, richtet sich einerseits danach, welche Probleme beim Patienten dominieren (siehe Grafik 2). Stehen Symptome im Vordergrund – GOLD nennt hier als Kardinalsymptom der COPD die Dyspnoe –, läuft es letztlich darauf hinaus, die bronchodilatatorische Therapie zu eskalieren: von der Mono- zur dualen Therapie oder von LABA/ICS zur Tripletherapie respektive zum Wechsel auf eine Bronchodilatatorenkombination. Damit sind die medikamentösen Optionen bei diesen Patienten ausgeschöpft – persistieren die Symptome weiterhin, bleibt nur zu prüfen, ob ein Device-Wechsel oder ein optimiertes Management von Komorbiditäten das Therapieergebnis verbessern können.
Grafik 2
Behandlung der stabilen COPD (modifiziert nach [2])
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Wenn der Patient unter der Initialtherapie exazerbiert, wird der Algorithmus komplexer. Entschieden wird nach Ausgangswert der Eosinophilenzahl und Exazerbationshistorie: Bei mehr als 300 Zellen/µl Blut oder bei über 100 Zellen/µl und mindestens moderaten oder einer schweren Exazerbation im Vorjahr soll auf LABA/ICS eingestellt werden. Sonst führt der erste Eskalationsschritt zur dualen Bronchodilatation. Die nächste Stufe nach LABA/ICS stellt dann die Tripletherapie LABA/LAMA/ICS dar.
Ob von LABA/LAMA auf Triple eskaliert wird, hängt wieder von der Eosinophilenzahl ab: Bei Zellzahlen über 100/µl kann die Dreifachkombination erwogen werden. Ergibt die Messung weniger als 100 Eosinophile/µl, ist die Wahrscheinlichkeit sehr gering, dass der Patient auf ICS ansprechen wird. Hier sollten Alternativen wie Roflumilast oder – bei Exrauchern – Azithromycin ins Auge gefasst werden. Dieser Algorithmus gilt auch für Patienten, die starke Symptome und Exazerbationen zeigen.
Fazit
Die Kernbotschaften des neuen GOLD-Updates:
- Die Therapieergebnisse gehören immer wieder auf den Prüfstand, um die Behandlung, falls nötig, adjustieren zu können. Gegebenenfalls ist auch eine Deeskalation zu erwägen.
- Die bronchodilatatorische Therapie bildet bei allen Patienten mit COPD die Basis der Therapie.
- In der Initialtherapie sind ICS allenfalls bei schwer kranken Patienten mit häufigen Exazerbationen eine Option. Bei Patienten, die nicht exazerbieren, besteht auf keiner Therapiestufe eine Rationale für einen Therapieversuch mit ICS.
- Die Eosinophilenzahl ist ein wichtiger Biomarker für Therapieentscheidungen bei vorbehandelten Patienten. Patienten mit Zellzahlen unter 100/µl sollten kein ICS bekommen, auch wenn sie exazerbieren. Bei Zellzahlen ab 300/µl lohnt bei exazerbierenden Patienten ein ICS-Versuch, im Graubereich zwischen 100 und 300 Zellen/µl kann er erwogen werden. Manuela Arand